Die Stolpersteine werden geputzt – wie jedes Jahr, gegen das Vergessen

Veröffentlicht am 30.04.2018 in Allgemein

Wenn am 13. Mai wieder die Stolpersteine in Eimsbüttel geputzt werden, dann geht es nicht nur um das symbolische Säubern zahlreicher Messingplatten, die ins Pflaster unserer Bürgersteige eingelassen sind. Es stehen die Biografien der verfolgten Menschen im Mittelpunkt - wie die von Walter Gutmann, dessen Gedenkstein sich im Hellkamp 39 befindet. Walter Gutmann wehrte sich in besonderer Weise als Einzelner gegen den Nazi-Terror.

Nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 verfasste er eine vierzehnseitige Flugschrift, in der er die Bevölkerung zum Widerstand gegen das Unrechtsregime aufrief. Als Überschrift diente ihm ein Zitat, das einem Aufruf von Émile Zola im Zusammenhang mit der Dreyfus-Affäre entnommen war: „J’accuse“ ... „Ich klage an“.

Heimlich fertigte er diese Flugschrift auf Wachsmatrizen und stellte davon mehrere hundert Exemplare her. Diese verschickte er an Geschäftskollegen sowie ihm unbekannte Adressaten mit einem fingierten Absender und warf sie eigenhändig in Postkästen in Hannover, Bremen und Hamburg. Darin schrieb er unter anderem „Die Ausrottung der Juden geschieht angeblich im Namen des deutschen Volkes! Deutsches Volk! Zeige, dass Du damit nicht einverstanden bist und entziehe so den Machthabern dafür den Boden. Diese Schrift geht nicht gegen Deutschland, sondern gegen die Nazimethoden, und das ist etwas ganz anderes! Angeklagte sind der Fanatiker Hitler, der Sophist Goebbels, der Harlekin Göring, der Sadist Streicher, Himmler, des Fanatismus rauer Henkersknecht und Genossen."

Wer war dieser Walter Gutmann, der solch eine mutige Aktion im Alleingang wagte? Frühzeitig beschäftigte er sich mit Hitlers Schrift „Mein Kampf“ und der dahinterstehenden Ideologie. Im Gegensatz zu anderen Deutschen las er diese Schrift sehr genau. Er erkannte die massenpsychologische Wirksamkeit von Projektionen, und wie geschickt Hitler es verstand, sich diese Mechanismen zu eigen zu machen, um Unzufriedenheit und Kränkungen in der Bevölkerung zu kanalisieren im Kampf gegen die jüdische Bevölkerung.

Über die Geschichte Gutmanns und der vieler anderer Verfolgter, die nie vergessen werden darf, stellen die Mitglieder der SPD Eimsbüttel gemeinsam mit Anwohnerinnen und Anwohner eine Beziehung her zu diesem grausamen Stück Hamburger Geschichte, das sich so niemals wiederholen darf.

Das Stolpersteinputzen findet statt am 13.05.2018. Start des Rundgangs ist der Deutsche-Post-Shop an der Ecke Lappenbergs-Allee und Weckmannweg um 15 Uhr. Und ja: wer mag, der kann Putzzeug mitbringen, denn die Messingplatten werden tatsächlich von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gereinigt.

Für weitere Informationen steht Annegret Ptach telefonisch und/oder per Mail zur Verfügung: unter 0151-23064611 bzw. ptach-h@t-online.de.

Die vorgelesenen Biografien stammen aus dem Buch „Stolpersteine in Hamburg-Eimsbüttel und Hamburg-Hoheluft-West“.

 
 

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